Doron

Doron legte die Hacke beiseite und blickte zufrieden auf die Früchte seiner harten Arbeit.
Die ersten zarten Keimlinge sprossen überall verheißungsvoll aus der Erde seines großen Feldes
und er konnte die reichhaltige Ernte bereits freudig vor seinen Augen sehen.
Er hob für einen kurzen Moment den Blick zum Himmel und genoss die wohltuende Wärme der
ersten Frühlingssonne auf seinem Gesicht.
Die Götter würden es in diesem Jahr gut mit ihm meinen. Mit einer reichen Ernte konnte er Arriana
endlich genug bieten, um ihre Eltern um ihre Hand zu bitten.
Er atmete mit einem Hochgefühl die wundervolle Frühlingsluft ein und sah wieder auf sein
prachtvolles Werk. Die Keimlinge waren seit seinem letzten Blick bereits unerwartet schnell
gewachsen.
Kurz darauf runzelte er irritiert die Stirn. Ein kleiner dunkler Fleck sprang ihm in seinem Feld ins
Auge.
Er ging zu der Stelle hinüber, die seine Aufmerksamkeit erregt hatte, und sah genauer hin.
Mitten in dem zartgrünen Pflanzenmeer, erhob sich ein hässliches, schwarzes Unkraut und schien
ihn dreist zu verhöhnen.
Es verschandelte auf geradezu obszöne Weise sein mühsames Werk und würde sich überall
ausbreiten, wenn er es nicht sofort herauszog.
Oh, nein, mein Freundchen. Du wirst mir meine schöne Ernte nicht ruinieren, dachte er voller
Tatendrang.
Schnell kniete Doron sich zu der seltsamen Pflanze hinab und zog mit aller Kraft daran, um sie
auszureißen.
Doch so stark er auch zog, die Pflanze besaß kein Ende, sondern kam schier unendlich aus der Erde
zum Vorschein.
Er zog entschlossen weiter und konnte gar nicht mehr aufhören immer neue Teile der langen Wurzel freizulegen, die sich bereits neben ihm stapelten, wie ein langes Seil.
Doch sie fand weiterhin kein Ende und so zog er einfach weiter. Weiter und immer weiter.
Die Ausbeute der Wurzel türmte sich jetzt zu einem beachtlichen Berg, doch er konnte einfach nicht aufhören und zog ohne Unterlass. Das teuflische Unkraut musste doch ein Ende besitzen.


Arriana

Sie hielt den frischen Auflauf in beiden Händen, den sie für ihren Liebsten zubereitet hatte und
verließ das elterliche Haus. Doron wollte heute anfangen das Feld zu bestellen und würde sich
sicherlich über die Mahlzeit freuen.
Sie sah ihn kurz darauf aus der Ferne mit seinen bloßen Händen, wie besessen, in seinem leeren
Acker graben und wunderte sich kurz, was das sollte. Er häufte immer mehr Erde neben sich an als
wollte er einen tiefen Brunnen ausheben.
Dann lenkte eine Bewegung neben ihm ihre Aufmerksamkeit auf sich.
Der Auflauf war fort und an seiner Stelle trug sie nun ihr Schmetterlingsnetz in den Händen.
Sie konnte sich gar nicht erinnern, das Netz mitgenommen zu haben, verschwendete allerdings
keinen weiteren Gedanken daran. Ein gewaltiger, blauer Falter flog über das leere Feld und zog eine
leuchtende blaue Spur hinter sich her, die nur langsam verblasste und für ein wundersames
Farbenspiel sorgte.
Dieser Forscher, der ins Dorf gekommen war, würde sicher gut für ein so seltenes Exemplar
bezahlen. Sie vergaß ihren Liebsten, zog ihre Schuhe aus und sprang über das Feld, auf der Jagd
nach dem Schmetterling.
Doch jedes Mal, wenn sie glaubte ihn eingefangen zu haben, war er wieder weit vor ihr und flog
unbeirrt weiter. Sie vergaß alles um sich herum und folgte dem Falter immer weiter in Richtung des
kleinen Dorfes.


Zallit

Sie sah kurz von ihrer Arbeit in der Weinstube auf und erblickte aus dem Fenster Arriana, die barfuß
freudig vorwärts hüpfte und dabei die Arme schwenkte, als würde sie etwas in den Händen halten
und versuchen unsichtbare Dinge zu fangen. Doch ihre Hände waren leer und da war nichts zum
Fangen.
Zallit schüttelte kurz den Kopf. Das arme Mädchen musste einem Hirngespinst erlegen sein.
Sie hätte sich vielleicht nicht so oft mit dem seltsamen Forscher treffen sollen, der damit prahlte
Krankheiten des Geistes untersuchen und ein Buch schreiben zu wollen. Wieso er dazu in ihr
kleines Dorf gekommen war, blieb ihr ein Rätsel. Hier gab es keine umnachteten Gemüter.
Sie bemerkte, dass sie bei ihren Grübeleien etwas Wein verschüttet hatte und starrte unschlüssig auf den großen Fleck, dem mehrere Paar dünner Beine wuchsen und dann eilig davon krabbelte.
Sie blinzelte irritiert und warf dem Forscher einen ungläubigen Blick zu. Ob er das auch gesehen
hatte?
Der Mann lächelte von seinem Tisch aus undurchsichtig zu ihr herüber und machte sich eine Notiz
in sein kleines Büchlein.
Sie sah wieder der rennenden Pfütze hinterher, die jetzt wie eine Spinne die Wand hinauf flitzte und griff sich einen Besen.
Das Ding musste raus aus ihrer Weinstube.
Sie bemerkte nicht mehr, wie der Forscher sich erhob und ihr Haus durch die Tür verließ, sondern
war nur noch in ihre Aufgabe vertieft, das kleine Mistvieh zu erwischen.
Doch es war schnell wie der Blitz und sprang mit einem einzigen Satz ans andere Ende des Raumes, wo es erneut die Wand hoch krabbelte und schließlich außerhalb ihrer Reichweite an der Decke verharrte.
Dort blieb der Fleck stehen und tropfte spöttisch auf ihren Kopf.
„Na warte!“, drohte sie ihm und holte einen glimmenden Holzscheit aus der Kochstelle, um ihn
damit zu bewerfen.
Irgendwo in ihrem Hinterkopf riet eine seltsam leise Stimme dazu, es nicht zu tun, doch es war
weniger als ein zaghaftes Flüstern.
Sie warf das brennende Stück Holz.


Javus

Er sah der Gastwirtin belustigt dabei zu, wie sie mit einem Besen in der Hand ihrem persönlichen
Hirngespinst hinterherjagte und fragte sich neugierig, was sie wohl sah. Vermutlich ein Ungeziefer,
das in ihrer guten Gaststube nichts zu suchen hatte.
Er machte sich eine kleine Notiz zu seiner neuesten Erkenntnis. Der Wahnsinn manifestierte sich
immer am stärksten in naheliegenden und alltäglichen Dingen.
Der Mann erhob sich und ging nach draußen, um seine anderen Studienobjekte zu begutachten.
Er hatte nach seiner Opfergabe an den Fürsten des Wahnsinns und dem Zauberspruch nun lange
genug abgewartet. Der Wahnsinn musste langsam überall Fuß gefasst haben.
Das kleine, abgelegene Dorf war ideal für seine Beobachtungen. Sein Buch würde ein Meisterwerk
werden, für das er den Fürsten um genaue Einblicke in umnachtete Gemüter gebeten hatte.
Der Mann trat aus der Gaststube und wurde nicht enttäuscht.
Überall liefen Dorfbewohner ihren eingebildeten Erscheinungen hinterher. Viele riefen dabei
unverständliche Worte, manche waren still und vollkommen auf ihre Einbildung fixiert.
Er sah ein Mädchen unbeschwert barfuß umherspringen.
Andere tanzten im Kreis und wieder andere saßen einfach da und lachten ohne Unterlass.
Hinter ihm ging die Gaststube in Flammen auf.
Javus schmunzelte.
Der kleine Handel mit Sheogorath hatte sich wirklich ausgezahlt.
Er setzte sich auf einen Wegstein und schrieb alles auf.
Javus schrieb, bis seine Feder wie von selbst über das Papier kratzte.
Er ließ sie gewähren und sah, wie die bereits geschriebenen Buchstaben sich bewegten und von dem Papier lösten. Sie schwebten jetzt vor ihm herum, während die Feder immer neue Worte in einem langen, schwarzen Tintenstrahl ausspuckte.
Er befand sich in einer wirbelnden Wolke aus schwebenden Buchstaben.
Es war wunderschön.
Sein Buch war wahrlich ein Meisterwerk, jetzt konnte er es deutlich sehen.
Kurz kam ihm der leise Gedanke, seine Worte für den Handel vielleicht nicht vorsichtig genug
gewählt zu haben als er ihm sagte, er wolle den Wahnsinn studieren und ein Meisterwerk daraus
schaffen, dann war es ihm bereits egal und er versuchte kichernd die Buchstaben wieder
einzufangen. Sie gehörten schließlich in sein Buch.


Sheogorath

„Taaaanzt, taaanzt!“ Er klatsche freudig in die Hände und blickte auf das herrliche Treiben in dem
kleinen Dorf.
Der Schreiberling hatte ihm mit diesem Handel einen großen Spaß beschert und er kicherte leise als er sich der hinterhältigen Interpretation seiner Bitte entsann.
Er hätte seine Worte wirklich mit mehr Bedacht wählen sollen als er ihn anrief.
„Ist ein Studium aus erster Hand!“ Er klatschte erneut in die Hand.
„Und ein Meisterwerk. Jaaaa. Ich bin ja so großzügig.“
Er kicherte über seinen geistreichen Einfall und schenkte dem Mann ein wunderbares Hirngespinst
von seinem Meisterwerk.
Der daedrische Fürst schaute noch einige Minuten zufrieden auf das wilde Treiben, dann wurde es
ihm bereits langweilig.
„Haskill!“, rief er nach seinem Kammerherrn und hatte das Dorf längst in Richtung der Schauderinseln verlassen.
Jetzt hatte er Lust auf Käse.

@Pilzikus


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